Kneißl Hias

*4.8.1875 Unterweikertshofen(Deutschland) †21.2.1902 Augsburg (Deutschland) Gebiet: (Ober)Bayern

Bayrischer Sozialrebell. Großvater Pascolini ist in den 1840ern gefürchteter Räuberhauptmann, der am Schaffot endet. Kneißls Vater wird bei der „Verhaftung“ erschossen. Kneißl Hias landet wegen zweifachem Polizistenmord unter der Guillotine.

De Wocha geht scho guat o, am Montag wer i köpft

Mathias „Hiasl“ Kneißl ist ein bayrischer Volksheld, der aus einer Familie mit einer langen „kriminellen“ (Vor)Geschichte stammt. Bereits sein Großvater Pascolini ist ein gefürchteter Räuberhauptmann, der am Schafott landet.

Kneißls lebensfroher Mutter sind Jagdgewehr und Ziehharmonika lieber als der Kochlöffel, und die gesamte Familie, auch die Kinder, beteiligt sich munter am Wildern und Hehlern. Die knappe Haushaltskasse wird durch Unterbringung flüchtender Delinquenten aufgebessert - in der familieneigenen Gastwitschaft, der „Schachermühle“. Diese wird von der übrigen Dorfbevölkerung bald gemieden. Wenn örtlicher Besuch ansteht, dann vom Dorfgendarm. Kneißl wird bereits als 16Jähriger zum ersten Mal verhaftet, wegen Opferstockdiebstahls und Jagdfrevelei. Sein Vater stirbt 1892 unter ungeklärten Umständen, als er sich einer Festnahme zu entziehen versucht. Die Mutter wird wegen Diebstahls und Hehlerei mit langjährigem Gefängnisaufenthalt bestraft, die noch jugendlichen fünf Kneißl-Kinder bleiben, auf sich allein gestellt, über. Die Kinder tun das, was sie bis dahin für das Überleben gelernt haben, und verüben zusätzlich auch eine Anzahl von Raubüberfällen. Von Polizisten überrascht, schießt Bruder Alois 1893 einen von ihnen an, worauf er zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt wird und dort nach 4 Jahren an Schwindsucht stirbt. Mathias Kneißl erhält mit fast 6 Jahren Gefängnis eine ungebührend hohe Bestrafung, die er in voller Länge bis 1899 absitzt. Danach versucht er allerorts Arbeit zu finden. Als dies schließlich gelingt, wird er vom Gendarmeriekommandanten Adam Saalfrank „gemobbt“ - der Arbeitgeber muss sich schweren Herzens dem öffentlichen Druck und dem seiner Gesellen beugen und entlässt Kneißl.

Kneißl verübt in Folge mit dem einschlägig geübten Erhard Holzleitner einige Raubüberfälle, bei denen er eher die Rolle des Schmierestehers übernimmt. Holzleitner wird jedoch bald gefasst. Um ein Alibi für einen ihm angelasteten Prostituiertenmord zu haben, muss er einen Überfall mit Beteiligung Kneißls gestehen. Kneißl wird nun großflächig gesucht, bewaffnet sich schwer und überfällt mit Hilfe seiner drei Fahrräder, die er jeweils gut im Wald versteckt hält, zahlreiche entlegene Einödhöfe. Am 19.11.1900 wird Kneißl verraten, kann aber flüchten. Allerdings müssen zwei Polizisten beim Versuch, ihn zu stellen, sterben. Kneißl wird nachher betonen, dass er keinesfalls in Tötungsabsicht handelte. 3 Monate später wird sein Versteck erneut verraten und nächtens von 60 Polizisten umstellt. In der Früh wird der Schießbefehl erteilt. Kneißl wird anschließend, wie sogar die Polizei selbst zugibt, unbewaffnet und durch einen Unterleibsschuss schwer verletzt, aufgegriffen und auf das Allergröbste misshandelt.

„Ich kann kein Unrecht leiden. Ich kann mich nicht beugen, lieber geh ich selber zu Grunde“ sagt er vor Gericht aus. Dieses kennt kein Pardon, lastet ihm, nebst weiterer Vergehen, zweifachen Polizistenmord an und verurteilt ihn nach einem fünftägigen Prozess zum Tode durch Guillotine. Als das Todesurteil ausgesprochen wird, kommentiert er dies übrigens unvergesslich mit den Worten „De Wocha geht scho guat o, am Montag wer i köpft“. Kneißls Körper kann die Mutter dem Gericht noch abkaufen, sein Kopf landet aber in der Münchner Anatomie, wo er seit 1944 nach einem Bombenangriff als verschollen gilt. So wie sein Scharfrichter Franz Xaver Reichhart keine Gnade kennt, kennt sie übrigens auch dessen Schwager Lorenz Scheller nicht, jener Mann, der 1854 der letzte Scharfrichter Bayerns war, der eine Hinrichtung mit Schwerthieb ausführte. Und keine Gnade kennt auch Reichhart`s Neffe Johann, den er selbst in die Materie einführt und dem er 1924 das Scharfrichteramt überträgt, als dieser 1943 die Mitglieder der antifaschistischen „Weissen Rose“ hinrichtet – eine von über 3000 Todesstrafen, die er im Laufe seiner Karriere ausführt. Noch 1963, 14 Jahre nach Abschaffung der Todesstrafe in der BRD, spricht sich dieser von seiner Familie verlassene Mann für deren Wiedereinführung aus. Aber das ist eine andere Geschichte.


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