Nzinga Mbande

* 1583 † 17.12.1663 Gebiet: Angola, Kongo

Nzinga Mbande stellt heute noch eine Gallionsfigur im Kampf gegen die portugiesischen Sklaventreiber in Angola dar. Sie ist zwar von Geburt aus vom Thronerbe im Bantu-Königreich Ndongo, heutiges westliches Angola, ausgeschlossen, aber sie kämpft und köpft sich entschlossen an den wackeligen Thron und bietet all den zahlreichen Gegnern jahrzehntelang die Stirn.

The queen of Ndongo does not use the same chair twice

Der Ruf dieser, noch als 60-Jährige in vorderster Reihe in die Schlacht ziehenden, sagenumwobenen Kriegerkönigin wird durch die koloniale, westeuropäische Geschichtsdarstellung arg verzerrt, an ihrem Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit kann jedoch nicht gezweifelt werden. Dass sie sich einen männlichen Harem hält und auch Kriegerinnen für sich kämpfen lässt, wird uns heute im Gegensatz zu den Portugiesen damals kaum erschüttern. Unzählige Übertreibungen über blutüberströmte Orgien und ähnliche Fabeleien sollten wohl vor allem die rassistischen Ressentiments der Europäer stärken.

Anfang des 17. Jhdts. schwächen einander die zahlreichen afrikanischen Königreiche in ewigen Fehden und Kriegen und geraten allesamt in Konflikt mit der damaligen Weltmacht Portugal, die es, auf See von England und Frankreich bereits unter Druck gesetzt, nach weiteren Sklavenquellen für ihre brasilianischen Kolonien dürstet. Luanda, die Hauptstadt des krisengebeutelten und hungernden Ndongo, wird von den Portugiesen besetzt, Nzinga 1621 von ihrem König als Emissärin zu Friedensverhandlungen mit den Besatzern geschickt. Beim ersten Treffen wird ihr ein Sessel und somit eine Gesprächsbasis auf Augenhöhe noch verweigert. Sie setzt sich stattdessen trotzig und stolz auf den Rücken einer ihrer Beraterinnen, welcher sie anschließend - und wir glauben fest daran, dass dieser Teil der Episode erfunden ist - mit den Worten, dass sich die Königin von Ndongo nie zwei Mal auf den selben Sessel setzt, vor den Augen der verdutzten Portugiesen den Hals aufschlitzt. Fest steht auf jeden Fall, dass ihr bei allen späteren Zusammenkünften ein Sessel angeboten wird.

Als der König von Ndongo stirbt, erwirkt Nzinga die Freilassung seines in portugiesischer Haft befindlichen Thronfolgers. Es wird angenommen, dass Nzinga seine Freiheit nur wollte, um ihn anschließend aus dem Weg schieben zu können. Denn kurze Zeit danach stirbt der Erbfolger unter ungeklärten Umständen. Nzinga kann das Machtvakuum ausnutzen und schwingt sich allen Widrigkeiten zum Trotz und ohne formale Voraussetzung auf den Thron. Sie hat als Kind einer Mitfrau des verstorbenen Königs in ihrer Gesellschaft eigentlich nicht einmal den Status einer „Verwandten“ des Königs. Den Portugiesen erscheint sie aber als solche - vor allem, als sie in einem weiteren cleveren Schachzug offiziell als „Donna Ana de Sousa“ zum Christentum konvertiert und niemanden Geringeren als die Frau des Gouverneurs selbst zur Patin nimmt. Die Portugiesen erkennen sie als neues Oberhaupt von Ndongo an, die „Elite“ ihres Volkes nimmt es zähneknirschend zur Kenntnis.

Als sie sich den Portugiesen in der Folge hinsichtlich des Sklavenhandels nicht ausreichend unterordnet, verliert sie 1626 deren Unterstützung und muss mit ihren Gefolgsleuten weiter ins Landesinnere ziehen. Auf ihrem Weg bekämpft sie machetenschwingend das Kannibalenvolk der Jaga und bemächtigt sich 1631 des nordöstlich gelegenen Reiches Matamba, das eine lange Tradition matriarchaler Herrschaft kennt. Den militärisch natürlich weit überlegenen Portugiesen liefert sie, durch musketenbeladene holländische Söldner als Leibgarde bestens geschützt und als wichtigsten regionalen Sammelpunkt für entflohene Sklaven, einen über Jahrzehnte dauernden innovationsgeladenen, zermürbenden und die Sklavenrouten gefährdenden Guerillakrieg. Sogar Luanda kann 1641 kurzfristig wieder eingenommen werden. Ihre Verbindung mit den Holländern stellt eine der ersten afro-europäischen Bündnisse gegen eine andere europäische Macht dar.

Nach zigfach wechselnden Koalitionen und Machtverschiebungen beendet sie ihre politische Laufbahn in weitgehender Autonomie. Sie blickt schlussendlich auf eine Herrscherinnenkarriere zurück, in der sie, mehrmals dem Abgrund nahe, praktisch aus dem Nichts etwas Neues schafft, die Gegner vollends verblüfft und auch als scheinbar Besiegte das Momentum des Handelns nicht aus der Hand gibt. All das als eine praktisch illegitime Herrscherin im Kampf gegen das eigene und die Nachbarreiche, ganz zu Schweigen von den sich aggressiv ausbreitenden Europäern, die ihr in einer über 35 Jahre andauernden Auseinandersetzung weder durch List noch Verrat an den Kragen können. Nzinga Mbande stirbt 80-jährig. Unbesiegt. Ihr Guerillakampf gegen die Portugiesen wirkt auch im 20. Jahrhundert inspirierend auf den Kampf um die Unabhängigkeit, der 1975 in einem freien Angola mündet.


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