Louis Mandrin

*11.2.1725 Saint-Étienne-de-Saint-Geoirs (Frankreich) +26.5.1755 Valence (Frankreich) Gebiet: (Südost)Frankreich, Schweiz

Zunächst Händler, später jedoch Münzfälscher. Entgeht seiner Verurteilung zum Tode durch Flucht und baut eine mehrere Hundertschaften umfassende Hehlerbande auf. Duldet in seinen Reihen keine Diebe, Missetäter und Mörder. Wird zu Beginn von der Bevölkerung geliebt und unterstützt. Je mehr ihn die französische Armee in die Enge treibt, desto gröber werden seine Praktiken gegenüber den Armen und Bauern, die ihm schlußendlich die Hilfeleistungen untersagen. Mandrin wird verraten, gefoltert und in Valence mit allem drum und dran «spektakulärst» hingerichtet.

Chef des contrebandiers

Louis Mandrin stammt aus einer wohlhabenden, bürgerlichen Familie und ist das älteste der neun Kinder. Sein Vater ist Kleinkaufmann, und als die Geschäfte abnehmen, verlegt sich dieser auch auf Falschmünzerei und Diebstahl. Er wird auf der Flucht erschossen, danach übernimmt Louis Mandrin mit 17 Jahren die Stellung des Familienvorstands.

1748 ist das Schlüsseljahr im Leben Mandrins – er soll der französischen Armee in Italien 100 Maultiere liefern. Der Weg über die Alpen ist beschwerlich, am Ende steht er mit bloß 17 Tieren in Italien. Der Vertrag wird seitens des Militärs und der Ferme générale, der allseits verhassten, privaten Steuerbehörde des Königs, als nicht erfüllt und für ungültig erklärt, eine Entschädigung erhält er nicht. Dies bedingt praktisch Mandrins Bankrott (sowie den seiner vielköpfigen Familie) und er beginnt Münzen zu fälschen, die an entlegenen Orten in ganz Frankreich vertrieben werden. Das geht bis 1753 gut, doch dann wird das illegale Tun aufgedeckt. Louis Mandrin landet mit seinem Bruder Pierre und einem weiteren Komplizen im Gefängnis. Eine Mordanklage kommt hinzu. Das Todesurteil wird an seinen beiden Mittätern ausgeführt, Louis Mandrin kann in letzter Sekunde flüchten. Die Legende nimmt ihren Lauf...

Mandrin sammelt rasch eine verwegene Schar von 300 Leuten und erklärt der Ferme générale den Krieg. Es heißt, jeder will, aber nicht jeder kann ein „Mandrin“ werden - unter den penibel ausgesuchten Mitgliedern seiner Bande duldet Louis Mandrin keine Diebe, Missetäter und Mörder. Die in Festungen einsitzenden Schmuggler und Schuldner werden von Mandrin befreit, dagegen werden gesuchte Mörder und andere Gewaltverbrecher an die Staatsgewalt ausgeliefert. Münzen werden im großen Stil gefälscht und vertrieben, hinzu kommen lohnende Schmuggelgeschäfte mit vornehmlich Tabak und Gewürzen, sowie groß angelegte Diebstahlstouren, die wegen ihrer Größenordnung gemeinhin als „Feldzüge“ überliefert sind. Der Bevölkerung ist dies alles nur recht, denn sie ist von diesen Übergriffen (zunächst) nicht betroffen und kann zudem hochwertige Ware weit unter dem Normalpreis kaufen. Zwischen Jänner 1754 und Mai 1755 treibt Mandrin so im südöstlichen Frankreich sein freches „Unwesen“ und zieht sich immer wieder geschickt nach Savoie, welches damals nicht zum Königreich Frankreich gehört, sowie Piemont und die Schweiz zurück. Da die Beamten der Ferme générale seiner nicht Herr werden, müssen schließlich mehrere königliche Regimenter mobilisiert werden, um diesen schlauen und listigen Strategen auf seinem Weg aufzuhalten. Er kann seinen Verfolgern jedoch zunächst entkommen. Voltaire schreibt am 14.1.1755: „Man behauptet, dass Mandrin an der Spitze von 6000 entschlossenen Männern steht; das sind Soldaten, die desertiert sind, um sich unter seinen Fahnen zu sammeln und er wird sich bald an der Spitze einer großen Armee sehen. Vor drei Monaten war er nur ein Dieb, jetzt ist er bereits ein Eroberer.“ Die Brutalität Mandrins gegenüber den Finanzbeamten und seinen Verfolgern ist grenzenlos, bestenfalls werden sie bloß dazu gezwungen, ihm seine Schmugglerware abzukaufen, anderswo werden sie einfach erschossen. Als Mandrin anfängt die Bevölkerung zu zwingen, seine Ware abzukaufen, und die Übergriffe auch Unschuldige und Arme treffen, ist sein Niedergang durch Verrat nur eine Frage der Zeit. Er kann fortan auf heimliche Lebensmittellieferungen seitens der Bevölkerung nicht mehr zählen und ist in gewissen Landstrichen nicht mehr gerne gesehen.

In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 1755 wird Mandrin im Schloss Rochefort (Savoie) schließlich von 500 als Bauern verkleideten fermiers généraux und Soldaten gefangen genommen und in die Stadt Valence verschleppt. Die örtliche Bevölkerung wird ihn in geheimen, organisierten Zusammenkünften, die in seiner Zelle stattfinden, als einen Mann voller Verstand und Schlagfertigkeit kennenlernen. Seit 1733 ist Valence der Sitz eines Gerichtsbezirkes mit einem außerordentlich schlechten Ruf - die „commission de Valence“ beschreibt Voltaire als eine der Landplagen der Menschheit. Hier wird am 26.5.1755 der gefeierte Schmuggler Louis Mandrin windelweich geschlagen und auf dem Place des Clercs de Valence („Platz der Geistlichen von Valence“) von unten auf bei lebendigem Leibe gerädert. Seine Hinrichtung ist eine der meist gefeierten des Ancien Régime und hat zweifellos Mandrins Mythologisierung wachsen lassen. Mandrin ist lediglich mit einem Hemd bekleidet, und trägt, den Strick um den Hals, ein Schild auf welchem in großen Buchstaben geschrieben steht: „Chef der Schmuggler, jener Verbrecher, die Majestätsbeleidigung begehen, Mörder, Diebe und Störenfriede der öffentlichen Ruhe“. Sein stolzes und kriegerisches Antlitz bewahrend, kniet er sich vor der Kathedrale von Valence mit den Worten nieder: „Ich bitte Gott, den König und die Justiz für all meine Verbrechen und Attentate um Vergebung“. Man gibt ihm das Wasser des Lebens, dann wird sein Beichtvater ohnmächtig. Mandrin soll ohne einen Schrei folgende Folterungen ausgehalten haben: das Brechen der Arme, Beine, Oberschenkel und Lenden. Danach wird er auf dem Rad befestigt. Auf den durch Mandrins Reue angeregten Vorschlag des Bischofs von Valence hin, ordnet der Richter dem Henker an, Mandrin nach Ablauf von acht Minuten gnadenhalber zu erdrosseln. Sein geschundener Körper wird am Galgen aufgehängt. Sein Vermögen wird vom König konfisziert, die Ferme générale entschädigt und die Prozesskosten bezahlt. Mandrins Körper wird nach seinem Tod für drei Tage zur Schau gestellt, ganze Pilgerschaften treffen ein, um ihm seine letzte Ehre zu erweisen.

Der Tod Mandrins unter dem Rad von Valence markiert den Anfang einer Legende. Anscheinend hat er trotz aller Foltern niemanden verraten und noch während des Prozesses seine Schlagfertigkeit spöttisch präsentiert. Die Urteile über ihn reichen von Frankreichs Version des Robin Hood bis hin zum Vorwurf der Blutrünstigkeit. Mythos, Legende und Geschichtsschreibung liefern ein widersprüchliches Bild, dessen Wahrheit wohl kaum noch vollständig zu entschlüsseln ist.


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